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Sollte ich ein Kleinunternehmen auf Etsy betreiben oder auf die Kleingewerberegelung verzichten?

Möchtest du einen Etsy-Shop eröffnen oder deinen bestehenden Etsy-Shop steuerlich optimieren? Möchtest du wissen, ob es in deinem Fall sinnvoller ist, Kleinunternehmer zu sein oder auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten? Der folgende Beitrag befasst sich mit den Auswirkungen des Kleinunternehmerstatus auf den Überschuss eines Etsy-Shops.


Sollte ich ein Kleinunternehmen auf Etsy betreiben oder lieber auf den Kleinunternehmerstatus verzichten?

Das Ergebnis vorweg:


Meiner Meinung nach, solltest du auf Etsy nur dann ein Kleinunternehmen betreiben, wenn du physische Produkte an Verbraucher verkaufst.


Verkaufst du digitale Produkte auf Etsy oder physische Artikel an Unternehmen (B2B), dann ist es im Regelfall wirtschaftlicher auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten.



Dahinter stecken die folgenden Erwägungen:


Zunächst unterscheidet dieser Beitrag zwischen B2C- und B2B-Etsy-Shops, die physische Artikel verkaufen. Anschließend wird auf die Besonderheiten beim Verkauf von digitalen Produkten eingegangen.


Musterrechnungen für B2C-Etsy-Shops:


Sind deine Etsy-Kunden hauptsächlich Verbraucher, dann sind Überschussprognosen wie folgt auf zu stellen. Beachte dabei, dass die Einnahmen des Kleinunternehmens den selben Betrag haben, wie die Bruttoeinnahmen des Nicht-Kleinunternehmens. Denn es ist davon auszugehen, dass die Verbraucher-Kunden den selben Betrag bereit sind zu zahlen, unabhängig davon, ob dies ein Brutto- oder ein Nettobetrag ist. Ein Wettbewerbsvorteil, den ein Kleinunternehmer gegenüber einem Nicht-Kleinunternehmer im B2C-Geschäft hat und damit "bezahlt", dass ihm kein Vorsteuerabzug zusteht.

Kleinunternehmen

Beispiel 1

Beispiel 2

Beispiel 3

Beispiel 4

Einnahmen

11.900 €

11.900 €

11.900 €

11.900 €

./. Ausgaben

1.190 €

5.950 €

10.710 €

17.850 €

= Überschuss

10.710 €

5.950 €

1.190 €

./. 5.950

Nicht-Kleinunternehmen

Beispiel 1

Beispiel 2

Beispiel 3

Beispiel 4

Einnahmen (inkl. USt.)

10.000 € (11.900 €)

10.000 € (11.900 €)

10.000 € (11.900 €)

10.000 € (11.900 €)

./. Ausgaben (inkl. Ust.)

1.000€ (1.190 €)

5.000 € (5.950 €)

9.000 € (10.710 €)

15.000 € (17.850 €)

= Nettoüberschuss

9.000 €

5.000 €

1.000 €

./. 5.000 € + 1.660 € (Umsatzsteuerrückerstattung)


Musterrechnungen für B2B-Etsy-Shops:


Sind die Kunden hauptsächlich Unternehmen, dann sollten die Einnahmen des Kleinunternehmens mit den Nettoeinnahmen des Nicht-Kleinunternehmens identisch sein, um eine Vergleichbarkeit zu erzeugen. Denn die Unternehmer-Kunden zahlen im Ergebnis nicht den Bruttopreis, sondern den Nettopreis. Das bedeutet die Tabelle für Nicht-Kleinunternehmen im B2B-Bereich hat den selben Inhalt, wie die 2. Tabelle für Nicht-Kleinunternehmen im B2C-Bereich (siehe oben).

Kleinunternehmen

Beispiel 1

Beispiel 2

Beispiel 3

Beispiel 4

Einnahmen

10.000 €

10.000 €

10.000 €

10.000 €

./. Ausgaben

1.190 €

5.950 €

10.710 €

17.850 €

= Überschuss

8.810 €

4.050 €

./. 710 €

./. 7.850 €


Ergebnis der Musterrechnungen:


Etsy-Shops, die im B2C-Bereich arbeiten, erwirtschaften einen größeren Überschuss, wenn sie als Kleinunternehmen auftreten. Nur wenn ein Verlust geschrieben wird, hat das Nicht-Kleinunternehmen im B2C-Bereich einen temporären Liquiditätsvorteil.


Beachte: Sobald du die Lieferschwelle von 10.000 € Umsatz im EU-Ausland überschreitest, musst du in den jeweiligen Mitgliedstaaten Umsatzsteuer abführen (OSS-Verfahren), auch wenn du im Inland als Kleinunternehmen zu betrachten bist. Dies kann dazu führen, dass sich auch hier ein Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung lohnt.


Etsy-Shops, die im B2B-Bereich arbeiten, erwirtschaften einen größeren Überschuss, wenn sie als Nicht-Kleinunternehmen auftreten. Je höher die Ausgaben im Verhältnis zu den Einnahmen sind, desto mehr lohnt es sich, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Allerdings musst du als Nicht-Kleinunternehmen eine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung abgeben. Es gibt bereits Software zu einem Preis von 10 € pro Monat, mit denen dir dies auch ohne Extrakosten bei deinem Steuerberater gelingen sollte. Durch die Abgabe deiner ersten Umsatzsteuervoranmeldung (bis zum 10. Tag des Folgemonats) verzichtest du automatisch auf die Kleinunternehmerregelung.


Lohnt es sich Kleinunternehmer sein, wenn man digitale Produkte auf Etsy verkauft?


Als Verkäuferin von digitalen Produkten auf Etsy treten zusätzliche Effekte ein, weswegen sich ein Verzicht auf die Kleingewerberegelung lohnt.


Anders als bei physischen Produkten, verkaufst du deine digitalen Dateien nicht direkt an die Endkunden, sondern immer an Etsy. Deshalb ist im Verkaufspreis immer (19%) Umsatzsteuer enthalten, wenn Etsy die Dateien an den Endkunden verkauft. Auch dann, wenn man als Kleinunternehmen auftritt. Deshalb entfällt ein Vorteil, den ein Kleinunternehmer gegenüber einem Nicht-Kleinunternehmer im B2C-Geschäft hat: Nämlich, dass der Kleinunternehmer seine Waren 19% teurer anbieten kann, ohne dass der Verbraucher mehr bezahlt. Gerade dies ist nicht gegeben, verkauft man digitale Produkte auf bzw. an Etsy. Kleinunternehmer und Nicht-Kleinunternehmer müssen deshalb als Vergleichswert für die Einnahmen den selben Betrag annehmen (siehe Tabelle unten).


Außerdem unterscheidet sich die Höhe der Ausgaben des Kleinunternehmens, von der des Nicht-Kleinunternehmens dadurch, dass das Nicht-Kleinunternehmen aufgrund der Vorsteuerabzugsberechtigung und der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens (RCV) keine Umsatzsteuer auf die Etsy-Gebühren für Transaktionen und Werbung bezahlt. Somit ist die Vergleichsgröße für die Ausgaben beim Kleinunternehmen der Bruttobetrag und beim Nicht-Kleinunternehmen der Nettobetrag.


Unabhängig davon, ob der Endkunde ein Verbraucher oder ein Unternehmen ist, stellt sich eine Vergleichsrechnung demnach tabellarisch wie folgt dar:


Kleinunternehmen

Nicht-Kleinunternehmen

Einnahmen (netto)

10.000 €

10.000 €

Ausgaben

3.570 € (inkl. 570 € USt.)

3.000 €

Überschuss

6.430 €

7.000 €

Im Ergebnis zeigt sich eine Differenz in Höhe der gesparten Umsatzsteuer zugunsten des Nicht-Kleinunternehmens. Das Nicht-Kleinunternehmen muss aber eine monatliche Umsatzsteuervoranmeldung abgeben, wodurch die Einsparungen durch die Extrakosten eines eventuell benötigten Steuerberaters wieder aufgezerrt werden könnten.


Beachte: Die Umsatzsteuer stellt dir Etsy nur dann nicht in Rechnung, wenn du deine Umsatzsteuer-ID bei Etsy angibst (Anwendung RCV).



Ich hoffe dir mit diesem Beitrag weiter geholfen zu haben und freue mich auf dein Feedback. Bitte beachte, dass ich Irrtümern unterliegen kann und dieser Beitrag keinesfalls über die Komplexität jedes Einzelfalles hinweg täuschen soll. Ziehe bitte den Rechts- oder Steuerberater deines Vertrauens zu Rate.


Beste Grüße

Rechtsanwalt

Benedikt Tillmann


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